Wo bleibt Ihr Nein, Herr Merz?
Eine kurze Wutrede – und 3 Hacks, um genau jetzt die Politik zu erreichen.
Was wir schon lange brauchen und weder von der Politik noch von den meisten Medien bekommen, ist ein klares Nein. Eine klare Abgrenzung von der AfD. Dass deren menschenverachtende Parolen unser gesellschaftliches Miteinander derart vergiften, ist vor allem den »Volksparteien« und zahlreichen Medien zu verdanken, die seit Jahren wissenschaftliche Erkenntnisse zu Radikalisierung ignorieren.
Selbst jetzt, da der Verfassungsschutz, der nun wirklich nicht als links-woke bekannt ist, die AfD als rechtsextremistisch und gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtet eingestuft hat, findet keine konsequente Abgrenzung statt. Die ARD lud allen Ernstes Tino Chrupalla zum Brennpunkt ein, damit er sein Märchen der zu Unrecht verfolgten AfD vor Millionenpublikum erzählen durfte. Und der soeben mit Ach und Krach als Kanzler durchgewinkte Friedrich Merz verweigerte gestern noch jede klare Haltung zu einem möglichen AfD-Verbotsverfahren. Stattdessen sagte er, die nächste Bundesregierung müsse den Bericht des Verfassungsschutzes erst sorgfältig auswerten.
Symbolpolitik, wie wir sie beim Thema Radikalisierung nur zu gut kennen: Die Fakten liegen (und verstauben) längst auf dem Tisch, aber deutsche Spitzenpolitiker behaupten, es müsste erst noch Grundlagenforschung erfolgen. Oder eben: eine »sorgfältige Auswertung«. Ausgerechnet von Leuten wie Alexander Dobrindt, unserem neuen Innenminister, der die Linke gern überwachen und verbieten lassen wollte, aber bei der AfD vom einfachen »Wegregieren« fantasiert – etwas, wofür die Union von 2013 bis 2021 reichlich Gelegenheit hatte, aber offenbar nie dazu kam.
Es ist Zeit, nicht mehr auf ein klares Nein unseres neuen Kanzlers zu warten. Oder auf Brandmauer-Märchen zu vertrauen. Es ist Zeit, unbequem zu werden.
Und das geht leichter, als du vielleicht denkst: Bürger*innenkontakte erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer Abstimmung in ihrem Sinne um etwa 12 Prozentpunkte. Du hast also nachweislich hohe Chancen, Gehör zu finden, wenn du deine Abgeordneten während der Bürgersprechstunde besuchst oder anrufst. Wichtig sind jetzt die Abgeordneten der Union und SPD. Gerade dann, wenn du sie nie wählen würdest.
Fühlt sich gruselig an? Hier kommen drei Hacks für Souveränität.
Auch wenn es sich oft so anfühlen mag: Politiker*innen wissen nicht auf alles eine Antwort, sondern sie sind auf wiederkehrende Fragen und Kritikpunkte vorbereitet und haben dafür Konter parat. Es geht also darum, sie zu überraschen.
Stell eine Frage, die dein Gegenüber in Zugzwang bringt, z.B.: »Offensichtlich hat die Strategie, die AfD inhaltlich zu stellen, nicht funktioniert. Was ist Ihre neue Strategie?« oder: »Wo sehen Sie Ihre Rolle im Kampf gegen Rechtsextremismus und wo sehen Sie Ihre Grenzen? Und wer muss für diese Grenzen einspringen?«
Rechne mit Widerstand und lass dich nicht auf Ablenkungsmanöver ein. Lenke das Gespräch immer wieder zurück auf dein Thema, indem du kurz und knapp sagst: »Das beantwortet meine Frage nicht.«
Wir können müde UND effektiv sein. Wütend UND souverän. Unbequem UND überzeugend. Wer mir dabei als erstes einfällt, ist mein langjähriger Freund Raúl Krauthausen. Sein unermüdlicher Einsatz für mehr Menschenrechte, mehr Teilhabe, mehr Inklusion ist heute wichtiger denn je. Wenn du heute keine Kraft für Direktkontakt zur Politik hast – unterstütze die Menschen, die sich seit vielen Jahren jeden Tag aufs Neue für eine lebenswerte Welt für alle einsetzen.
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PS: Am Sonntag, 11. Mai, findet ein Aktionstag mit deutschlandweiten Protesten statt. Gegen Hass, für Menschenwürde – und um »Nie wieder« nicht länger wie eine hohle Phrase klingen zu lassen. Das DemokraTEAM sammelt alle geplanten Aktionen. Wenn du etwas Zeit und Kraft übrig hast: Sei dabei und erinnere dich und uns alle daran, dass wir mehr sind.