Welches politische Engagement wirkt wirklich?
Was können wir abgesehen vom Wählen tun, um unsere offene Gesellschaft zu schützen? Welches politische Engagement ist am effektivsten? Ich hab für dich ein paar Studien gesichtet.
Die gute Nachricht zuerst: Wir müssen uns nicht erst jahrelang durch lokalpolitische Strukturen quälen, um gehört zu werden. Wir müssen auch nicht Politikwissenschaft studiert haben oder mit perfekter Allgemeinbildung glänzen.
Die schlechte Nachricht: Online-Petitionen bringen in den meisten Fällen nichts, ähnlich wie Insta-Mentions oder Copy & Paste-Mails. Denn wer nur ein paar Mal klickt und keinen echten Aufwand betreibt, meint es in den Augen der Politik nicht ernst. Bei einer Befragung deutscher Parlamentsmitglieder zur Wirksamkeit politischen Engagements landeten Petitionen abgeschlagen auf Platz 8 – danach kamen nur noch Boykotte und illegale Aktionen.
Ein Punkt, der zur Unbeliebtheit von Online-Petitionen bei Politiker*innen beiträgt: Sie können nicht wissen, ob oder wie viele »ihrer« Wähler*innen unterzeichnet haben. Im E-Petition-System von Großbritannien z.B. ist das anders. Aber selbst hier reagieren eher Abgeordnete auf Petitionen, die erst vor kurzem ins Parlament gewählt wurden und/oder nur eine knappe Mehrheit haben.
Natürlich gibt es auch Online-Petitionen, die etwas bewegt haben! Wenn so viele Unterschriften zusammenkommen, dass die überregionale Presse berichtet, wie z.B. bei der Petition von Nanna-Josephine Roloff und Yasemin Kotra für eine Senkung der Mehrwertsteuer bei Periodenartikeln, stehen die Chancen gut. Bei der oben erwähnten Befragung deutscher Parlamentsmitglieder landete mediale Aufmerksamkeit auf Platz 3, direkt nach Wahlen und parteipolitischer Arbeit. (Randnotiz: An diesen Top 2 zeigt sich natürlich die Voreingenommenheit einer winzigen Gruppe, die es politisch nach ganz oben geschafft hat ...)
Aber auch hier müssen wir auf die Details schauen: Die Mehrwertsteuer für Binden und Tampons wurde zwar nach knapp zwei Jahren harter aktivistischer Arbeit gesenkt, aber Slipeinlagen blieben ausgenommen – und die Hersteller haben die Preise für Slipeinlagen einfach derart erhöht, dass Menstruierende am Ende doch nicht deutlich entlastet wurden.
Nachweislich gute Chancen, Gehör zu finden, hast du, wenn du Direktkontakt wagst – z.B. am Telefon. Eine experimentelle US-Studie zeigte: Bürger*innenkontakte erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer Abstimmung in ihrem Sinne um etwa 12 Prozentpunkte!
Eine weitere Studie aus den USA belegt, dass Konservative sehr viel häufiger Politiker*innen kontaktieren – und zwar nicht nur Republikaner, sondern auch Demokraten! Liberale und Linke aber wenden sich, wenn überhaupt, nur an die Demokraten. Die tragische Folge: US-Politiker*innen (sowohl Republikaner als auch Demokraten) überschätzen den Anteil von politisch Konservativen in der Bevölkerung deutlich. Wir können davon ausgehen, dass sich diese Fehleinschätzung seit Jahren auf politische Entscheidungen auswirkt – und dass auch in Deutschland Linke und Grüne viel zu selten konservative Politiker*innen kontaktieren. Höchste Zeit, das zu ändern! (Update 22.6.25: Impulse für passgenaue Skripte findest du hier und hier.)
Falls du gerade keine emotionalen Ressourcen für Direktkontakt hast: Wäre es eine Option, an Organisationen oder Aktivist*innen zu spenden, die sich jeden Tag aufs Neue für unsere Demokratie einsetzen? Solltest du spontan niemanden im Kopf haben: Die gemeinnützige Plattform Effektiv Spenden berät dich kostenlos zu Spenden, die nachweislich stark überdurchschnittlich wirksam sind, und hat auch einen eigenen Spendenfonds zur Verteidigung der Demokratie eingerichtet. Jede Hilfe zählt! 💪
Ich wünsche uns den Mut, den es braucht, um bis zur Wahl noch alle wichtigen Gespräche anzupacken und unser Umfeld zu überzeugen, demokratisch zu wählen. Reminder: Bei Spotify kannst du mein Kommunikationsprogramm zum Umgang mit Menschen im Radikalisierungsprozess jederzeit kostenlos anhören.
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Bis bald, ich freu mich auf dich 🫶