»Dann sind die halt weg«, sagte ein Mann nach einer meiner Veranstaltungen. Er meinte die Menschen, die AfD wählen. »Dann sind die halt verloren!« Für sein Leben. Und für die Gesellschaft. Er sagte, er hätte ja die Hand hingehalten, aber er sei gescheitert. Deswegen glaubte er offenbar, dass wir alle scheitern müssten. Vermutlich glaubte er auch, dass es nur (s)einen Weg gäbe, um Radikale umzustimmen: Kritik und Gegenrede.
Meine Antwort war, dass die meisten Menschen schon sehr lange in diesem Modus leben. In unserer Gesellschaft scheint es nur noch die Wahl zwischen zwei Extremen zu geben: Die einen feiern Zuhören und »inhaltliches Stellen« als demokratische Heilsversprechen: »Wenn wir erst lange genug zugehört haben! Wenn wir erst das richtige Argument gefunden haben! Dann wird alles gut!« Die anderen dämonisieren Andersdenkende so sehr, dass sich Gesprächsbereitschaft wie eine moralische Bankrotterklärung anfühlt: »Mit denen darf man nicht reden!«
Beide Extreme haben das Gleiche geleistet: Sie haben alles schlimmer gemacht.
Wenn wir den Riss in unserer Gesellschaft kitten wollen, ist der erste Schritt, anzuerkennen, was bislang alles nicht funktioniert hat. Und damit aufzuhören.
Was nicht funktioniert hat:
Verbale Stellungskriege in Kommentarspalten
Still zuhören, ohne Grenzen zu setzen und sich zu positionieren
Rein inhaltliche Gegenrede
Streiten via WhatsApp
Andersdenkende dämonisieren und fallen lassen
Was dann noch übrig bleibt? Jede Menge effektive Strategien!
Sympathisiert eine Person in deinem Umfeld mit der AfD? Studien zeigen, dass Familie und Freundeskreis Menschen helfen können, aus radikalen Gruppen (von Sekten bis Terrorgruppen) auszusteigen. Mein Kommunikationsprogramm für Angehörige und Freund*innen findest du kostenlos hier.
Gerätst du immer wieder in Versuchung, in Kommentarspalten faktenbasierte Online-Gegenrede zu betreiben? Lies hier kostenlos nach, wie es besser geht.
Bist du Elternteil oder Lehrer*in? Emotionale Intelligenz schützt nachweislich vor Fake News. Wir brauchen Emotionskunde im Elternhaus und in den Schulen! Vermittle deinem Kind/deinen Kindern, gesund mit den eigenen Gefühlen umzugehen. Übt gemeinsam Achtsamkeit. Redet darüber, wie Einflussnahme funktioniert und an welchen Gefühlen und Impulsen wir erkennen können, dass jemand versucht, uns zu manipulieren.
Bist du Aktivist*in? Geh nicht in die Rage Bait-Falle und teile keine menschenverachtenden Parolen. Kläre stattdessen auf, wie Populismus funktioniert. Empowere deine Community, sich effektiv gegen Radikalisierung einzusetzen, statt sich in der Kommentarspalte mit bezahlten Trollen und Bots die Köpfe einzuschlagen. (Not so fun fact: Knapp 50 % des Internetverkehrs kommt heute durch Bots.)
Bist du Journalist*in? Wenn du Populisten auf die Bühne holst, dann bitte nur mit Live-Faktenchecks und souveräner Moderation. Benenne gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit sofort, statt sie einfach stehen zu lassen. Zeig deinem Publikum, wie populistische Täuschung und Manipulation funktioniert. So geht Entzauberung.
Bist du Politiker*in? Lies Carline Mohrs grandiosen Text AfD-Trick für Demokraten.
Willst du dich politisch und/oder finanziell engagieren, um unsere offene Gesellschaft zu schützen? Hier habe ich für dich wirksame Strategien gesammelt.
Es gibt so viele Wege, um den Riss in unserer Gesellschaft zu kitten. Welcher Weg könnte deiner sein?
Herzgruß zu dir: Dana
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